Rufbereitschaft - Bereitschaftsdienst
1. Unterschied zwischen Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst
Zunächst gilt es die Begriffe Rufbereitschaft und Bereitschaftsdienst klar zu differenzieren.
Beim Bereitschaftsdienst wird der Aufenthaltsort des Arbeitnehmers vom Arbeitgeber bestimmt bzw. stark eingeschränkt, sodass die Tätigkeit unverzüglich aufgenommen werden kann,
während es dem Arbeitnehmer bei der Rufbereitschaft frei steht, diesen selbst zu wählen, sofern er bei Bedarf innerhalb einer vorher festgelegten Zeitspanne unverzüglich seine Arbeit aufnehmen kann. Das digitale Zeitalter macht es dem Arbeitnehmer heutzutage noch leichter. Solange er erreichbar ist und im Bedarfsfall rechtzeitig seiner Arbeit nachgehen kann, muss er dem Arbeitgeber nicht mehr mitteilen wo er sich aufhält.
2. Was gilt als Arbeits- und was als Ruhezeit?
Der Bereitschaftsdienst gilt über die komplette Dauer hinweg als Arbeitszeit und wird auch dementsprechend behandelt, ganz gleich, ob Arbeit anfällt oder nicht. (EuGH-Urteil vom Februar 2018)
Bei der Rufbereitschaft hingegen gelten nur Anfahrt zum Erfüllungsort sowie Arbeitsleistung (zur vollen Stunde aufgerundet) als Arbeitszeit – kommt es während der Rufbereitschaftszeit zu keinem Einsatz, dann ist sie komplett als Ruhephase/Ruhezeit anzusehen.
Wichtig: Die tagsübergreifende Ruhezeit von 11 Stunden muss grundsätzlich eingehalten werden.
Die Konfliktsituation: der Staat fordert hier eine ununterbrochene Dauer von 11 Stunden (§ 5 Abs. 1 ArbZG), d.h.: wenn es während der Rufbereitschaft zu einem Einsatz kommt, egal ob für eine Stunde oder zehn Minuten, beginnt die Ruhezeit von neuem. Minusstunden sind für Arbeitnehmer dadurch beinahe unvermeidlich.
Beispiel: Ein Angestellter mit regulärer Arbeitszeit von 8:00 bis 17:00 Uhr ist von 2:00 bis 3:00 Uhr nachts im Einsatz. Sein nächstmöglicher Arbeitsbeginn wäre nun um 14:00 Uhr (11 Stunden ab 3:00 Uhr) – selbst nach abgezogener Stunde des Nachteinsatzes entstünde hier ein Minus von 5 Arbeitsstunden.
In der Praxis wird die elfstündige Ruhezeit deshalb oft nicht eingehalten – davon raten wir allerdings ab, denn ein Arbeitsunfall bei nicht eingehaltener Ruhephase kann vor Gericht enden, da BEIDE Parteien die Ruhezeiten einhalten müssen.
Um dies zu vermeiden, enthalten einige Tarifverträge (z.B. im Pflege-Bereich) Klauseln, die bei Unterbrechungen einen erneuten Beginn der Ruhephasen verhindern und die Möglichkeit bieten, die verloren gegangene Zeit an anderen Tagen nachzuholen.
Falls jedoch keine Tarifbedingungen im Unternehmen gelten, sollte man sich an die zuständige Aufsichtsbehörde wenden, denn in Einzelfällen können auch im Arbeitsvertrag vergleichbare Regelungen vereinbart werden.
3. Häufigkeit der Einsätze
Die werktägliche Höchstarbeitszeit von 10 Stunden darf gemäß §3 ArbZG nicht überschritten werden, wodurch ein Arbeitnehmer, der bereits 8 Stunden am Tag gearbeitet hat, nur noch 2 Stunden bis Mitternacht an Arbeitszeit leisten darf.
Zur Frage der höchstmöglichen Anzahl an Rufbereitschaftsdiensten in einem bestimmten Zeitraum gibt es keine gesetzliche Regelung, da es sich dabei nicht um Arbeitszeit im Sinne des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG) handelt. Lediglich Tarif- und Betriebsvereinbarungen decken diesen Bereich ab. Allerdings steht die Anzahl an Diensten pro Arbeitnehmer in Korrelation mit der Einhaltung der Ruhe- und Höchstarbeitszeiten und schließt somit eine Überlastung des Arbeitnehmers aus gesetzlicher sich aus – das ist bei der Verteilung der Dienste zu beachten.
Darum gilt hier: um Konflikten zu entgehen, sollte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein Maximum an zu leistenden Diensten schriftlich festgelegt werden, um einseitig verteilte oder übermäßig häufige Rufbereitschaftsdienste zu vermeiden.
4. Vergütung von Arbeitszeit und Bereitschaft
Zuallererst gilt: bei beiden Formen wird die tatsächlich angefallene Arbeit als Arbeitszeit (Überstunden) gewertet und muss dementsprechend vergütet werden, doch bei der Zeit ohne Arbeitsleistung unterscheiden sich die beiden Rufdienste laut Arbeitsrecht.
Unter Berücksichtigung des Mindestlohns muss der bereitschaftsdienstleistende Arbeitnehmer am Ende des Monats bei Dividieren des Lohns durch Arbeits- und Bereitschaftszeit auf den Mindestlohn (2018 / 8,84€) kommen, sprich, eine Bezahlung unterhalb des Mindestlohns ist unzulässig.
Da während einer Rufbereitschaft nur angefallene Arbeit als Arbeitszeit gezählt wird, bedienen sich Unternehmen hier einer anderen Lösung. Gelten keine Tarifverträge oder Vereinbarungen, so sollte im Vorfeld mit dem Arbeitnehmer eine Pauschale vereinbart werden – wenn Arbeit anfällt, wird die Pauschale zzgl. zur geleisteten Arbeitszeit ausgezahlt.
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5. Sind Rufbereitschaften verpflichtend?
Generell sind Rufbereitschaften für den Arbeitnehmer freiwillig. Hat er sich aber vertraglich darauf geeinigt, dann ist er, unter Berücksichtigung der Gesetzesvorgaben (Arbeitsrecht) und Vertragsvereinbarungen, verpflichtet ihr nachzukommen.
Als Arbeitgeber ist man (etwas) flexibler: auch wenn der Arbeitsvertrag die Möglichkeit zur Rufbereitschaft enthält, obliegt es dem Arbeitgeber allein, ob er den Dienst anbietet oder nicht.
6. Welcher Rufdienst passt zu meinem Unternehmen?
Ist ein regelmäßiger Arbeitseinsatz pro Dienst sehr wahrscheinlich und bedarf einer schnellen Arbeitsaufnahme, sollten Sie die Form des Bereitschaftsdienstes in Erwägung zu ziehen. Der Betrieb hat die Möglichkeit den Aufenthalt des Mitarbeiters zu bestimmen, wodurch dieser binnen kürzester Zeit seine Arbeit aufnehmen kann. Häufig wird der Bereitschaftsdienst im Gesundheitswesen oder bei der Feuerwehr praktiziert.
Falls Einsätze pro Dienst eher die Ausnahme der Regel bilden ist die Anwendung der Rufbereitschaftsform für beide Parteien rentabel. Der Arbeitnehmer wählt seinen Aufenthaltsort selbst, kann seinen „Feierabend“ mit geringen Einschränkungen genießen und im Bedarfsfall seine Arbeit aufnehmen. Diese Form findet meist in IT-Firmen Anklang, aber auch Handwerksbetriebe üben die Rufbereitschaft immer öfter aus. Für den Betrieb ist die Rufbereitschaft zudem wirtschaftlicher, da sie nicht als Arbeitszeit gilt und für gewöhnlich geringer vergütet wird.
Fazit
Egal welche Form Sie auch wählen, ist - wie bei allen betrieblichen Entscheidungen - eine transparente Kommunikation der Schlüssel zum Erfolg. Beziehen Sie Ihre Mitarbeiter in die Entscheidung mit ein. Finden Sie gemeinsam eine passende Lösung für alle und halten es am besten vertraglich fest, um im Nachhinein Missverständnisse zu verhindern.